HOMEENGLISH

Medusa Info

von

Diane Neisius

Die Gestalt der Medusa ist den meisten modernen Menschen sicherlich als ein Monster der antiken Heldendichtung bekannt, so wie sie zum Beispiel von Apollodor [4] beschrieben wird. Zur Einführung soll hier deshalb eine kurze Zusammenfassung der klassischen Erzählung gegeben werden.

Perseus, Sohn des Königs von Athen, erhält von der Göttin Athene den Auftrag, ihr das Haupt der Gorgone Medusa zu bringen, eines in Kleinasien lebenden schlangenhaarigen Monsters mit versteinerndem Blick. Perseus macht sich auf den Weg, erwirbt auf kleineren Abenteuern unterwegs diverse Waffen von den Göttern, darunter eine Tarnkappe von Hermes, und findet und enthauptet Medusa schließlich. Auf dem Rückweg befreit er nebenbei noch Andromeda, die Tochter eines ansässigen Königs, die einem Meerungeheuer geopfert werden sollte. Der Held heiratet natürlich die Prinzessin, wobei ihr vorheriger Verlobter, der sich an Perseus zu rächen sucht, von ihm mit Hilfe des Medusenhauptes versteinert wird. Andromeda und Perseus kehren nach Athen zurück.

So weit die antiken Autoren. Heutiger Forschung stellt sich das Thema jedoch ein wenig anders dar. Es ist mittlerweile eine anerkannte Tatsache, daß in der Bronzezeit einwandernde vaterrechtlich dominierte Stämme im Mittelmeerraum die ansässigen mutterrechtlichen Gesellschaften verdrängten [2]. Dabei wurden einige Göttinnen der alten Gesellschaften in die Götterwelt der Einwanderer integriert (als "Gattin"), andere wurden zu Monstern degradiert, die es zu besiegen galt.
Es gibt Hinweise, daß die Erdgöttin in Kleinasien in Gestalt einer geflügelten Schlange verehrt wurde und daß ihre Priesterinnen während der Kulthandlungen schlangenverzierte Masken trugen [1]. Das "Kopfabschlagen" aus der Dichtung könnte also gut eine verfremdete Version dessen sein, daß einer Priesterin die Maske heruntergerissen wurde (man überlege sich den Symbolgehalt dieser Handlung!). Medusas Schlangenhaare wären dann im Original die Verzierungen der Maske gewesen, und Perseus nichts weiter als ein Jüngling, der sein eigenes Initiationsritual gründlich verpatzte. (Ich schließe mich der Meinung an, daß Perseus "zur Strafe" statt einer selbstbewußten weisen Priesterin ein verzogenes unselbstständiges Prinzeßchen bekam [5].)
Darauf deutet auch hin, daß er von Athena ausgeschickt wurde. Die Verbindungen von Athena und Medusa deuten darauf hin, daß beide ursprünglich Aspekte ein- und derselben Weisheitsgöttin waren [1], deren "verstandesdominierter" Teil als Athene in das Pantheon der Einwanderer übernommen wurde, während der geheimnisvoll-dunkle Anteil als Medusa zum "Monster" wurde. Solche Spaltungen sind auch von anderen Gottheiten bezeugt, zum Beispiel Python-Apollon [3].

Interessanterweise gibt es auch noch eine ganz andere Bedeutung des Wortes "Medusa". Auf Ägyptisch bedeutet "medu" (Transkription: mdw) sowohl "sprechen" als auch "das Wort". Durch Anhängen eines "s" geht die Transkription in "mdw.s" über, das "Medusa" gelesen werden kann und grammatikalisch sowohl "sie spricht" als auch "durch ihr Wort" bedeuten kann [6].
"Medusa Iseum" hat folglich die versteckte Bedeutung "Iseum, das durch Ihr Wort ist (existiert)". Manchmal sind die Wege der Göttin wirklich von ausgesuchter Raffinesse...

Literatur

[1] Le Van, Alicia: The Gorgon Medusa. Final Paper/Women in Antiquity course, http://www.perseus.tufts.edu/classes/finALp.html
[2] Zingsem, Vera: Göttinnen großer Kulturen. DTV, München 1999.
[3] Cerny, Christine: Das Buch der Naturgeister. Goldmann Verlag, München 1997.
[4] Apollodor: Bibliotheke, II 39-48.
[5] Rt. Rev. C.Wehmeyer (F.O.I.), persönliche Kommunikation.
[6] Graefe, Erhart: Mittelägyptisch - Grammatik für Anfänger. 5. Aufl., Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1997.


© 2002, 2004 Medusa Iseum